Außerirdische, die das Uran der Erde begehren … ein vom Wahnsinn befallener Professor … ein General, dessen Traum es ist, endlich eine Atombombe einsetzen zu können und ein Held, dessen Heldenmut darin besteht, sich die ausgefallensten Seren injizieren zu lassen – manche würden dies als Trash bezeichnen. Für mich waren das die Zutaten für die liebste Hörspielserie meiner Kindheit.
Staunend stand ich in der Hörspielabteilung (meist im Hertie-Warenhaus) und bewunderte die vielen Kassettencover der verschiedenen Serien. Der glänzend dunkelblaue Schriftzug „JAN TENNER“ auf silbernem Grund löste in mir immer wieder eine ganz besondere Faszination aus und zog mich tief seinem Bann.
Ich versank in jedem Abenteuer, das mir meine Eltern schenkten (… nun ja … sagen wir fast in jedem Abenteuer, denn es gab zugegebenermaßen eine viel zu groß geratene Storyarc mit Barbaren im Weltraum, die es aber bei weitem nicht mit He-Man und den Masters aufnehmen konnten, weshalb ich sie mehr oder weniger ausließ.)
Doch auf die meisten Folgen freute ich mich sehr, gerade wenn es Zeit wurde, zu Bett zu gehen. Denn wie so ziemlich jedes Kind in meinem Alter lauschte ich den Hörspielen auch gern beim Einschlafen. Je nach Müdigkeitsskala hörte ich manche Kassetten ganz durch und startete sie von vorn, bei anderen schlummerte ich weg noch bevor ich die Seite wechseln konnte.
Eine meiner Favoriten, die ich immer und immer wieder hörte, war die Folge Nummer vier mit dem Titel „Gefahr aus dem All“, in welcher eine unbekannte außerirdische Macht die Kontrolle über das neue Abwehrsystem von Westland zu erlangen versucht. Ich mochte die wechselnden Handlungsorte der Geschichte und die für eine Kinderhörspielreihe sehr außergewöhnliche Action zu Beginn der Folge. Vor allem anderen aber war das Beste an der Folge, dass sich Jan Tenner durch ein neues Serum von Professor Futura tatsächlich unsichtbar machen konnte. Obendrein gab es ein ganzes Ensemble an Nebenfiguren, die nur in dieser Folge auftraten.
Ich war mir (noch im Erwachsenenalter) immer sicher, dass auch eine Figur namens Funk Meyner mit unter ihnen war. Doch hätte man mich gefragt, was für eine Rolle dieser Meyner für die Geschichte spielte, dann hätte ich wohl nicht wirklich drauf antworten können (Aber ich hätte mir sicherlich etwas Überzeugendes ausgedacht)
Zumindest war ich mir sicher, dass er innerhalb der Handlung in einer kleinen Siedlung auftauchte, wo jene Menschen lebten, die die Außerirdischen bereits unter ihre Kontrolle gebracht hatten.
Als ich vor einigen Jahren die Sprecherliste dieser Folge durchging, fiel mir auf, dass eine Figur namens Meyner zu meiner Überraschung nicht aufgeführt war. Wohl aber gab es einen „Mailer“. Dann noch einen Major mit dem Namen „Fontbainer“ sowie einen namenlosen „Funker“.
Diesen „Funk Meyner“ gab es nicht. Die Figur war tatsächlich ein Produkt meiner Fantasie gewesen. Es traf mich wie ein Schlag.
Nichtsdestotrotz existiert für mich Funk Meyner immer noch. Losgelöst von dieser Folge. Losgelöst von dem Hörspiel. Losgelöst von den Gesetzen der Außenwelt. Als Inbegriff der Vorstellungskraft, als Vermittler zwischen Träumen und Wachen, als ein Zwischenton der Fantasie, der sich schließlich zu einer bleibenden Melodie in meiner Realität entwickelte.
In „Funk Meyner“ steckt daher alles, was ich mit meiner Kindheit, mit Geschichten und meiner Innenwelt verbinde.
© Daniel G. Stephan